Der mörderische Anschlag von Istanbul könnte Anlass für die Türkei sein, erneut in Syrien anzugreifen. Das hätte Folgen auch für Europa.
Die Bombe, die am Sonntag so heimtückisch in einer beliebten wie belebten Istanbuler Fußgängerzone platziert und gezündet wurde, könnte das Wetterleuchten vor einem neuen regional begrenzten Krieg im Norden Syriens gewesen sein. Erstaunlich schnell benannten die türkischen Ermittler bereits am Tag nach der Tat die Verantwortlichen für die ruchlose Tat: die kurdische Arbeiterpartei PKK sei verantwortlich.
Die jedoch weist jede Verantwortung von sich, und tatsächlich passt ein so brutaler Angriff auf wehrlose Zivilisten nicht in das Operationsschema der Organisation. Die PKK hat schon seit Jahrzehnten keine Bombenanschläge gegen Zivilisten durchgeführt.
Sollte die PKK tatsächlich für das Blutbad verantwortlich sein, hätte sie einen für sie ungewöhnlich großen Fehler begangen. Der Anschlag könnte für die türkische Regierung die Legitimation für den nächsten Angriffskrieg sein. Bislang verhindern Russland und die USA eine solche Militäroperation.
Beim G20-Gipfel, an dessen Vorabend der Anschlag geschah, wird sich der türkische Präsident Erdogan grünes Licht für den Krieg gegen die mehrheitlich von Kurden bewohnten Gebiete holen wollen, auf den er schon lange drängt. Innenpolitisch würde ihm eine solche Militäroperation nützen. Vor den Präsidentschaftswahlen im nächsten Jahr sind seine Umfragewerte schlecht.
Sollte es zu einem erneuten türkischen Angriffskrieg in Nordsyrien kommen, werden Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Menschen Richtung Irakisch-Kurdistan fliehen. Von dort aus würden sich viele auf den Weg nach Europa machen. Im Norden Syriens gäbe es keine Perspektive für sie.
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