Der neue brasilianische Präsident hat ein außergewöhnliches Comeback geschafft. Ihn erwartet jetzt eine Herkulesaufgabe.
Luiz Inácio Lula da Silva hat die Präsidentschaftswahl in Brasilien gewonnen. Zwanzig Jahre nachdem der linke Politiker und Arbeiterführer erstmals in den Präsidentenpalast einzog ist ihm ein außergewöhnliches Comeback gelungen. Vor ihm liegt eine gewaltige Aufgabe. Das größte Land Südamerikas ist tief gespalten, der Präsidentschaftswahlkampf wurde mit einer gnadenlosen Brutalität geführt und ging mit einem nur knappen Ergebnis zugunsten des Herausforderers aus. Lula muss die brasilianische Gesellschaft versöhnen.
Er hat das Zeug zu einem Brückenbauer. Ganz anders als der bisherige rechtsextreme Präsident. Jair Bolsonaro hetzte in menschenverachtender Weise gegen politische Gegner und Minderheiten und legte als überzeugter Anhänger der Militärdiktatur die Axt an die demokratischen Institutionen des Landes. Lula streckte bereits in der Wahlnacht die Hand zur Versöhnung aus.
Es wird für ihn nicht leicht werden, die Anhängerschaft Bolsonaros zu überzeugen, versank doch seine Regierung tief in einem beispiellosen Korruptionssumpf, auch wenn ihm selbst persönlich keine Vorteilnahme nachgewiesen werden konnte. Aber der Skandal klebt noch an ihm. Zudem fürchtet die Elite des Landes, dass Lula Reichtum umverteilen wird, um den gewaltig klaffenden Graben der Ungleichheit zuzuschütten, die in Brasilien so groß ist wie in keinem anderen Land.
Eine gute Nachricht ist die Wahl Lulas nicht nur für die Armen und die Arbeiter, sondern auch für indigene Minderheiten und für den Regenwald. Bolsonaro hatte die Heimat vieler indigener Menschen und eine der wichtigsten Kohlenstoffdioxid-Senken des Planeten ohne Rücksicht auf Verluste zur Abholzung freigegeben und das Land damit in die internationale Isolation getrieben. Mit Lula besteht die Chance, dass Brasilien wieder achtsamer mit seiner Natur umgeht. Die Welt würde es ihm danken.
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