Der Umgang des Westens mit dem Krieg in der Ukraine hat auch Einfluss auf die Taiwan-Politik der Chinesen.
Der Krieg in der Ukraine wird auch in Fernost genau analysiert. Nicht unter dem Gesichtspunkt des Leidens der Zivilbevölkerung oder der Frage der Kriegsschuld; vielmehr sind die Regierungen im Pazifikraum interessiert an der Reaktion des Westens und seiner Unterstützung für die Regierung in Kiew.
Für China ist es keine Frage, ob die dem Festland vorgelagerte Insel Taiwan einverleibt wird, sondern nur wann. Für die Regierung in Peking ist Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern unabtretbarer Teil des chinesischen Territoriums. Die USA haben Taiwan nie als unabhängigen Staat anerkannt, diplomatische Beziehungen mit Taipeh gibt es offiziell nicht. Besuche wie der offenbar für Dienstag bevorstehende der Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sind äußerst selten.
Taiwan gilt jedoch als wichtig für die Dominanz der USA im Pazifik. Diese Dominanz wäre bedroht, würde Taiwan mit Gewalt mit dem Festland wiedervereinigt und unter Kontrolle Pekings fallen, weswegen sich die USA als de-facto-Schutzmacht Taipehs verstehen und das Militär auf der Insel hochgerüstet haben.
Jedoch hat Peking in den vergangenen Jahren militärisch enorm aufgeholt. Die Streitkräfte der Volksrepublik verfügen über Raketen, die US-Flugzeugträgern gefährlich werden können und operieren um Taiwan herum mit modernen Luftabwehrsystemen. Sollte es zu einem chinesischen Überfall kommen, hätten es die US-Streitkräfte schwer, der Inselrepublik zu Hilfe zu eilen.
Bei einem Krieg um die Insel wäre nicht nur die globale Halbleiter-Produktion gefährdet, Taiwan gilt als Weltmarktführer bei der Herstellung von Chips. Fiele Taiwan an China, ohne dass die USA energisch eingreifen, würde Washington einmal mehr als zahnloser Tiger dastehen. Es würden sich noch mehr Autokraten animiert fühlen, ihre Territorialansprüche mit Gewalt durchzusetzen. Das wäre eine globale Katastrophe.
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