Olaf Scholz hat eine kluge Rede gehalten, in der er das Vorgehen der Regierung im Ukraine-Krieg erklärt hat. Die Unsicherheit bleibt aber.
Am 8. Mai vor 77 Jahren schwiegen in Europa die Waffen. Die Wehrmacht kapitulierte bedingungslos, der Fiebertraum des Dritten Reichs lag in Trümmern, Nazi-Deutschland war besiegt. 60 Millionen Menschen starben in dem Krieg, den Deutschland begonnen hatte. Heute werden in Europa wieder Menschen getötet und Städte zu Schutt und Asche gebombt. Es kämpfen die Nachfahren derjenigen gegeneinander, die damals zusammen die Hauptlast des Kriegs gegen die deutschen Aggressoren trugen. Diesen Krieg hat Russland begonnen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat an diesem 8. Mai eine kluge, eine nachdenkliche Rede gehalten, in der er auf die Sorgen der Bürger einging, auf die Angst vieler Menschen vor einer Ausweitung des Kriegs, auch auf die historische Verpflichtung Deutschlands, sich an die Seite des Landes zu stellen, das Ziel der russischen Aggression geworden ist.
Scholz hat das Vorgehen der Bundesregierung nachvollziehbar erklärt, und das war angesichts der Verunsicherung so vieler Deutscher überfällig: keine Alleingänge, enge Abstimmung mit den Partnern, keine Gefährdung der eigenen Verteidigungsfähigkeit, keine direkte Beteiligung der Nato am Krieg. Jedoch zeigte diese Rede auch die Ohnmacht der Bundesregierung, ja aller westlichen Regierungen.
Wann und unter welchen Bedingungen Putin seinen mörderischen Angriffskrieg stoppen wird, ist völlig unklar. Der Herrscher im Kreml geht angesichts der Waffenlieferungen ohnehin bereits von einer Kriegsbeteiligung der Nato aus. Einen „Diktatfrieden“ dürfe es nicht geben, sagt Scholz. Das heißt übersetzt: Die russischen Geländegewinne der Ukraine dürfen keinen Bestand haben. Das heißt aber auch: Der Konflikt mit Russland wird einer sein, der noch Jahre dauern wird.
Am Montag wird Wladimir Putin bei den Siegesfeierlichkeiten in Moskau eine Rede halten. Bundeskanzler Scholz wird sicherlich unruhig schlafen ...
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