Kommentar

Nato-Beitritt blockiert: Erdogan erpresst die Nato-Staaten

Jan Jessen kommentiert

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Foto: Jan Jessen / funkegrafik nrw

Der türkische Präsident blockiert die Aufnahme neuer Nato-Mitglieder. Er wird Zugeständnisse erhalten, die zu Lasten der Kurden gehen werden.

Die Türkei blockiert den Nato-Beitritt von Schweden und Finnland und tut damit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen großen Gefallen, weil sich die Nato selbst in diesen Zeiten nicht einig präsentieren kann.

Das war erwartbar, und das nicht nur, weil der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ein politischer Seelenverwandter des Kremlherrschers ist. Erdogan muss innenpolitisch angesichts der wirtschaftlichen Schieflage der Türkei punkten, es stehen spätestens im kommenden Jahr Wahlen an, und seine Umfragewerte sind schlecht. Also zieht Erdogan einmal mehr die Kurden-Karte.

Schwedens Beitritt in die Nato könne die Türkei nicht unterstützen, weil die Regierung in Stockholm kurdischen Terroristen wohlgesonnen sei. Terroristen sind für den Autokraten in Ankara alle progressiven kurdischen Kräfte, auch jene, die in Syrien Seite an Seite mit den USA gegen den sogenannten „Islamischen Staat“ kämpfen.

Erdogan: Es ist zu befürchten, dass Nato-Staaten einknicken werden

Erdogan erpresst die Nato-Staaten. Und es ist zu befürchten, dass sie einknicken, weil der Nato-Beitritt von Schweden und Finnland nicht nur sicherheitspolitisch von Wert wäre – was aber auch durch Vereinbarungen unterhalb eines Beitritts gesichert werden könnte –, sondern ein klares Signal gegen den nahen Gegner Russland und den fernen Kontrahenten China darstellen würde.

Die Vorstellung, die Nato sei nicht nur ein dem reinen Zweck verpflichtetes Verteidigungsbündnis, sondern zugleich eine Werte-Gemeinschaft, ist ohnehin illusorisch. Es geht den Mitgliedern der Nato allein um geo- und regionalpolitische Interessen, um Zugriff auf Ressourcen oder Absicherung von Handelswegen.

Erdogan wird deswegen erhebliche Zugeständnisse bekommen; entweder in Form von Waffenlieferungen oder der Erlaubnis, erneut im Norden Syriens einzumarschieren, um dort gegen die kurdisch dominierten Selbstverwaltungsstrukturen vorzugehen.

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