Thomas Kutschaty hat sich bei seinem Präsidium eine Abfuhr eingehandelt. Die NRW-SPD war nicht mehr bereit, ihrem Landesvorsitzenden zu folgen.
Die Frage war nicht ob, sondern wann. Dass Thomas Kutschaty nach dem Landesparteitag der SPD im kommenden Mai nicht mehr Chef der NRW-Sozialdemokraten sein würde, war Mittwoch bereits klar. Die Weichen dafür hatte das NRW-Präsidium gestellt, indem es Kutschatys Vorschlag für die neue Generalsekretärin der NRW-SPD am Mittwochnachmittag glatt ablehnte. Der dadurch entstandene Scherbenhaufen hätte bis zum Landesparteitag im Mai niemals mehr zu einem Ganzen zusammengefügt werden können.
Das wusste auch Thomas Kutschaty, sein Rücktritt am Donnerstagmittag war die logische Konsequenz.
Ein ungewöhnlicher Vorschlag – und keine Verbündeten
Offen ist die Frage, warum Thomas Kutschaty dem NRW-Präsidium eine weitgehend unbekannte Genossin aus Bonn als Generalsekretärin vorschlagen konnte, ohne dies vorher mit den einzelnen Regionalbezirken abzustimmen. Wer einen so ungewöhnlichen Vorschlag unterbreitet und keine Verbündeten in der Sache weiß, muss mit dem krachenden Scheitern rechnen.
War es wirklich – wie es von einigen Sozialdemokraten hieß – ein verzweifelter Alleingang des nahezu isolierten SPD-Chefs? Oder war es eine verdeckte Vertrauensfrage, die Thomas Kutschaty stellte, um herauszufinden, ob ihm die SPD selbst auf solche ungewöhnliche Pfade folgt? Sollte Letzteres der Fall sein, hat er die deutliche Antwort auf diese Frage erhalten.
Der SPD bleiben sechs Wochen Zeit
Die NRW-SPD war nicht mehr bereit, ihrem Landesvorsitzenden zu folgen. Und hat damit vielleicht selbst das letzte Kapitel zur Aufarbeitung der deutlichen Niederlage bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr geschrieben.
Während Kutschaty glaubte, mit dem Verweis auf den Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen sowie Kommunikationsprobleme in die potenzielle Wählerschaft einen Schlussstrich ziehen zu können, sahen seine Genossen die Aufarbeitung wohl noch nicht abgeschlossen – inhaltlich und personell. Denn es war ja klar, dass Thomas Kutschaty die Abfuhr des SPD-Präsidiums politisch nicht überleben konnte.
Nun bleiben der SPD sechs Wochen Zeit, um beim Landesparteitag im Mai ein neues Kapitel aufzuschlagen.
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