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Putins Teilmobilmachung: Ein Eingeständnis des Scheiterns

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Jan Jessen kommentiert

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Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Moskau.  Mit Putins Teilmobilmachung befindet sich Russland nun offiziell im Krieg. Ein Eingeständnis des militärischen Scheiterns - mit fatalen Folgen.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die sofortige Teilmobilmachung verkündet. Es ist das Eingeständnis des desaströsen Scheiterns der im Februar begonnenen „Spezialoperation“ in der Ukraine - und es ist die nächste Eskalationsstufe in dem Konflikt. Russland befindet sich nun offiziell im Krieg. Die Teilmobilmachung bedeutet, dass in Russland bis zu 300.000 Reservisten oder frühere Armeeangehörige eingezogen werden können. Putin hat zudem angekündigt, die Produktion von Waffen ausweiten zu wollen. Es ist ein logischer Schritt für den Machthaber im Kreml.

Russland steht in der Ukraine vor einer militärischen Niederlage, die ukrainischen Streitkräfte sind den Aggressoren operativ, taktisch und strategisch überlegen, wie die erfolgreichen Gegenoffensiven der vergangenen Wochen im Süden und im Osten gezeigt haben; die Rekrutierung neuer Soldaten scheint in Russland ein Problem zu sein, es müssen aktuell bereits Strafgefangene mit dem Versprechen einer Amnestie geködert werden; zudem scheinen sich die russischen Munitionsdepots zu leeren.

Putins Teilmobilmachung wird Leiden der Menschen in der Ukraine verlängern

Militärisch hat dieser Schritt kurzfristig keine Auswirkungen. Es wird Wochen dauern, bis die ausgedünnten russischen Kampfverbände mit trainiertem Personal aufgefüllt werden. Ob die am Boden liegende russische Wirtschaft kurzfristig auf Kriegsmodus umgestellt werden kann und überhaupt in der Lage ist, moderne Waffen zu produzieren, ist fraglich. Jedoch wird dieser Schritt den Krieg und damit das Leiden der Menschen in der Ukraine verlängern. Umso mehr ist die Ukraine nun auf die Unterstützung ihrer Verbündeten angewiesen.

Es ist ein Hohn, dass Putin davon spricht, die Teilmobilmachung diene dem Schutz Russlands. In russischen Städten explodieren keine Raketen. In russischen Städten sterben keine Zivilisten. In russischen Städten verbringen keine Kinder Tage und Nächte in Luftschutzkellern anstatt in der Schule. Wenn nun Hunderttausende Männer in Russland eingezogen werden, um in das Gemetzel in der Ukraine geschickt zu werden, wird die russische Bevölkerung aber möglicherweise aufwachen und den Lügen aus Moskau nicht mehr glauben.

Wenn in Russland die Menschen gegen den mörderischen und sinnlosen Angriffskrieg rebellieren würden, den der Despot im Kreml begonnen hat, dann könnte die Verkündung der Teilmobilmachung die letzte Fehlkalkulation Putins gewesen sein.

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