Kommentar

Quarantäne-Kehrtwende: Lauterbach demontiert eigenes Image

Jan Jessen kommentiert

Jan Jessen kommentiert

Foto: Jan Jessen / funkegrafik nrw

Die Pläne zur freiwilligen Selbstisolation aufzugeben, ist inhaltlich nachvollziehbar. Dennoch wirkt Lauterbachs abrupte Kehrtwende irritierend.

Das Vorhaben, es Corona-Infizierten künftig selbst zu überlassen, ob sie sich isolieren, hatte bei Patientenschützern und Medizinern heftige Kritik hervorgerufen. Diese Regelung wäre ein Dammbruch gewesen und hätte Menschen in Gefahr gebracht, die auch durch eine Infektion mit der Omikron-Variante des Virus gefährdet sind; zudem hätte sie Arbeitnehmer unter Druck gesetzt, da sie sich im Fall des Falles für eine verantwortungsbewusste Selbstisolation hätten rechtfertigen müssen. Es ist also in Ordnung, dass das Vorhaben aufgegeben wurde. Irritierend ist aber die abrupte Kehrtwende des Mannes, der in der Regierung für das Gesundheitsressort verantwortlich ist.

Karl Lauterbach macht in diesen Tagen den Eindruck, es schlügen zwei Herzen in seiner Brust: Das des Experten, der wie früher auf Twitter zur Vorsicht mahnt, und das des Ampel-Ministers, der auf den Koalitionspartner FDP Rücksicht nehmen muss, der auf Lockerungen drängt. Beides passt nicht zusammen und erzeugt Widersprüchlichkeiten. Als Minister ist Lauterbach dafür verantwortlich, dass die Maskenpflicht in Innenräumen wegfällt. Auf Twitter lobt er die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern dafür, dass sie die Maskenpflicht in Innenräumen beibehält. Auf Twitter warnt er vor den möglichen Langzeitkomplikationen selbst milder Infektionsverläufe. Als Minister rechtfertigt er die geplante Aufhebung der Quarantäne-Pflicht, was die Infektionszahlen nach oben schnellen lassen würde – nur um diese Neuregelung kurze Zeit später in einer Talkshow wieder abzuräumen.

Das erweckt den Eindruck, der Experte Lauterbach opfere seine redlichen und wissenschaftlich fundierten Überzeugungen für den politischen Machterhalt und den Koalitionsfrieden. Schade, denn somit demontiert er das gute Bild, das viele Bürger von ihm hatten.

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