Nicht die ganze Welt verurteilt Moskau. Giganten wie Indien oder China verhalten sich neutral. Das wird Auswirkungen auf ein Energieembargo haben.
Mit der zunehmenden Brutalität des Krieges werden Forderungen lauter, Deutschland und andere EU-Staaten sollten ein Energie-Embargo gegen Russland verhängen und so wirtschaftliche Einbußen hinnehmen. Ein erster Schritt ist mit dem geplanten Importstopp für russische Kohle gemacht. Es wäre ein beispielloser Akt der Solidarität. Ob es jedoch zielführend wäre, also Moskau zum Einlenken zwänge, ist eine schwer zu beantwortende Frage.
Europa ist nicht die Welt, und in der Welt steht Russland noch lange nicht allein da. In Indien und China leben 40 Prozent der Menschen auf dieser Welt. Die größte Demokratie der Welt und die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt haben keine Sanktionen gegen Russland verhängt und verhalten sich in dem Konflikt neutral. Indiens Premierminister Modi hat erst kürzlich den russischen Außenminister Lawrow empfangen. Bei dem Treffen hat er – jedenfalls offiziell – keine Kritik an dem russischen Angriffskrieg geäußert.
Indien will stattdessen den Handel mit Russland intensivieren und zu günstigen Konditionen russisches Öl kaufen. China ist ohnehin ein enger Partner Moskaus und hat die westlichen Sanktionen scharf verurteilt. Der Nato-Partner Türkei verweigert ebenfalls Sanktionen gegen Russland, russische Oligarchen bringen dort ihre Superjachten in Sicherheit.
In der arabischen Welt halten viele Menschen den Westen mit Blick auf den Angriffskrieg gegen den Irak 2003 für heuchlerisch. Dort gibt es vielerorts ein tiefsitzendes Misstrauen insbesondere gegen die USA. Insgesamt 25 afrikanische Länder haben sich bei der Generalversammlung der UN nicht dazu durchringen können, die russische Invasion zu verurteilen. Auch die zentralasiatischen Länder oder Pakistan tragen die westliche Sanktionspolitik nicht mit, verhalten sich in dem Konflikt neutral. Es ist also längst nicht so, als verurteile die gesamte Welt den Krieg vor unserer Haustür. Daher dürfte es wenig Druck auf Moskau aufbauen, wenn Europa den russischen Energieimport stoppt.
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Meinung