Kommentar

Ukraine-Krieg: Gut, wenn die Politik sich in Frage stellt

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NRZ-Kommentar von_Manfred Lachniet

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Foto: Manfred Laschniet / funkegrafiik nrw

Der Krieg in der Ukraine führt zu Entschlossenheit in der deutschen Politik. Der Bundestag erlebte am Sonntag eine ganz besondere Sitzung.

Von Manfred Lachniet

Von Politikern hört man ziemlich selten, dass sie eine Lage falsch eingeschätzt haben. Oder dass sie sich geirrt haben. Von daher erlebten wir am Sonntag eine ganz besondere Sitzung des Deutschen Bundestages. Selten herrschte im Hohen Haus so viel Reflexion und Zerknirschtheit, aber auch Einigkeit und die Entschlossenheit, es nun künftig besser zu machen.

Dazu zählen die Waffenlieferungen an die Ukraine und das teilweise Abklemmen der Russen vom internationalen Zahlungsverkehr. All dies war noch vor drei Tagen für große Teile der Politik undenkbar.

Begründet wurde die 180-Grad-Wende immer wieder mit dem Satz, dass man so ein brutales Handeln des russischen Präsidenten nicht habe vorhersehen können. Diese Einschätzung teilen wohl auch viele Menschen im Lande. Weil Putin alles zuzutrauen ist, rüstet der Westen nun massiv auf. Ob das unsere Welt sicherer oder besser machen wird, muss sich erst noch herausstellen.

Versäumnisse vergangener Legislaturperioden

Die 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr sind eine enorme Summe für unser Land. Sie ist ein Maß für die großen Versäumnisse der letzten Legislaturperioden. Und es wird Jahre dauern, bis die Bundeswehr wieder technisch und organisatorisch auf der Höhe ist. In dieser Stunde aber ist die Unterstützung der ukrainischen Flüchtlinge wichtig, denen unbürokratisch geholfen werden muss.

Der Überfall des russischen Präsidenten hat zugleich viele Vorhaben und Gewissheiten der Ampel-Koalition zunichtegemacht: Der Grüne Habeck wird nun Waffentransporte in Kriegsgebiete durchwinken, die SPD muss ein neues Verständnis für die Ostpolitik finden und Christian Lindner wird plötzlich zum Schuldenminister.

Die Lage bleibt hochgefährlich

Denn schon bald wird noch mehr Geld benötigt, um den Bürgern die explodierenden Energiepreise abzufedern. In dem Zusammenhang scheint ein vorzeitiges Aus der Kohle kaum mehr machbar, und die Kernkraftwerke könnten wohl doch länger laufen.

Bei alledem bleibt die Lage in der Ukraine hochgefährlich. Immer mehr Waffen werden nun von den Russen und vom Westen in das Land geschafft. Vielleicht dämmt das Putin endlich ein, vielleicht aber auch nicht.

Genau das macht derzeit so vielen Menschen Angst. Der Entschluss der sehr großen Mehrheit des Bundestages scheint richtig, unumgänglich und nachvollziehbar, aber es bleibt das Risiko. Diese Debatte war ein guter Tag für unser Parlament. Hoffentlich auch für die Menschen in der Ukraine.

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