Berlin. Über die Themen Heizung und Verbote wird in Deutschland heftig debattiert. Die Wärmewende stockt. Machen andere Länder es besser?
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- Wie machen es andere Länder? Beim Ländervergleich fällt auf, dass Deutschland ziemlich spät dran ist
- Vor allem die Methode eines Landes sorgt für Aufsehen
Sie wollten die „Wärmewende“ einläuten. Doch seitdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) ihr Gebäudeenergiegesetz vorgestellt haben, gibt es heftigen Gegenwind.
Denn Habeck und Geywitz machen für den Austausch alter Gas- und Ölheizungen klare Vorgaben: Ab 2024 soll jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dann müssen etwa Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung her. Bis 2045 sollen alle fossilen Heizungen ausgetauscht sein. Doch der Widerstand ist so groß wie nirgendwo sonst in Europa. So läuft es bei unseren Nachbarn.
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Wärmewende in den Niederlanden: Weg von der Gas-Abhängigkeit
Auch in den Niederlanden wird es ein Verbot für den Einbau neuer Gas-, Öl- und Holz-Heizungsanlagen geben: Es wird aber erst 2026 in Kraft treten, beschlossen wurde es bereits 2022 – die Übergangszeit ist also deutlich länger als in Deutschland. Massive Proteste wie in Deutschland gab es nicht. Vorgeschrieben ist künftig der Einsatz von Wärmepumpen, wobei Hybrid-Wärmepumpen in Kombination mit einem konventionellen Heizsystem erlaubt sind, oder der Anschluss ans Wärmenetz.
Nur wenige Länder haben bislang so stark auf Gas gesetzt wie die Niederlande, mehr als zwei Drittel der Privathaushalte werden mit Erdgas beheizt. Ähnlich wie in Deutschland will die Regierung den Kauf von Wärmepumpen mit Fördermitteln unterstützen, die Subvention soll bis zu 30 Prozent des Kaufpreises für eine hybride Wärmepumpe betragen. Bis 2030 sind jährlich 150 Millionen Euro dafür vorgesehen, weitere Gelder sollen über den nationalen Wärmefonds mobilisiert werden.
Die Regierung hat auch schon frühzeitig die Heizungsbranche ins Boot geholt: Damit genügend Technik und Personal zur Verfügung steht, soll das Installateur-Handwerk mit Ausbildungsstätten in jeder Region auch Quereinsteiger anlocken, während die Hersteller Investitionen in neue Produktionsstätten zugesagt haben.
Frankreich: Verbot neuer Gas- oder Ölheizungen seit 2022
Der Einbau neuer Gas- oder Ölheizungen in Frankreich ist seit 2022 verboten, was nicht zu größeren Protesten führte. Allerdings muss man wissen, dass 44 Prozent der Französinnen und Franzosen elektrisch heizen, während der Anteil der mit Gas beheizten Wohnungen bei 37 Prozent liegt und nur acht Prozent der Haushalte über eine Ölheizung verfügen.
Bislang verläuft die schrittweise Abwendung von Gas- und Ölheizungen problemlos. Der Einbau von Wärmepumpen boomt. Kein europäisches Land kann einen größeren Bestand an Wärmepumpen vorweisen. 2022 waren es mit 462.000 Exemplaren beinahe doppelt so viele wie in der Bundesrepublik. Dafür gibt es gute Gründe. Erstens: Das Sparpotenzial ist hoch.
Mit dem Einbau einer Wärmepumpe lässt sich der Stromverbrauch um bis zu bis zu 70 Prozent dämpfen und auch der Verbrauch von Gasheizungen sinkt um mindestens ein Drittel. Zweitens: Es gibt in Frankreich drei staatliche Förderprogramme für eine Umrüstung. Je nach Einkommen der Haushalte winken beim Einbau einer Wärmepumpe Subventionen und Steuererleichterungen von bis zu 10.000 Euro.
Großbritannien: Das Heiztausch-Programm soll helfen
Vor rund einem Jahr lancierte die britische Regierung mit großem Tamtam das sogenannte „Boiler upgrade scheme“ – ein Programm, mit dem die veralteten Gasboiler durch klimafreundlichere Varianten ersetzt werden sollen. In Großbritannien heizen fast 80 Prozent der Haushalte mit Gas; etwa 20 Prozent aller CO2-Emissionen stammen aus dem heimischen Verbrauch fossiler Energieträger.
Mit dem Heiztausch-Programm sollen bis 2025 bis zu 90.000 Boiler durch energieeffiziente Wärmepumpen ersetzt werden. Die Regierung hat hierfür insgesamt 450 Millionen Pfund (etwa 511 Millionen Euro) beiseite gelegt; jeder Haushalt, der eine Wärmepumpe installiert, bekommt 5000 Pfund (etwa 5700 Euro) der Kosten erstattet. Schon damals kritisierten Klimakampagnen, das Programm sei unambitioniert – es müsse schneller gehen, damit das von Großbritannien erklärte Ziel, bis 2050 CO2-Neutralität zu erreichen, auch geschafft werden kann.
Das Upgrade-Programm enttäuscht, weil es zu wenig Interessenten gibt. Bis Ende Januar wurden nicht einmal 8000 neue Wärmepumpen installiert. Ein Problem: Kaum jemand kennt das Förderprogramm. Zudem gibt es zu wenige Firmen gibt, die die Pumpen installieren können. Die Regierung will das „Boiler upgrade scheme“ trotzdem bis 2028 verlängern.
Heizungstausch in Italien: Boni statt Verbote
Italien arbeitet nicht mit Verboten, sondern mit Belohnungen. Wer auf jegliche Förderung oder Boni verzichtet, kann auch in Zukunft eine reine Gasheizung in sein Haus oder die Wohnung einbauen. Schon seit Jahren kann man in Italien Instandhaltungsarbeiten und energetische Sanierungen großzügig von der Steuer absetzen. Die Nachfrage nach den Boni ist groß.
Ab 2024 gelten die „Steuerabsetzbeträge“ nicht mehr für autonome Gasheizkessel. Kann die Heizung aber auch Wasserstoff oder Biomethan nutzen oder mit Wärmepumpen kombiniert werden, gilt die Steuervergünstigung weiter. Der Austausch von Heizungen wird mit dem 50-Prozent-Bonus gefördert. Der Betrag wird als Steuererleichterung anerkannt. Höchstbetrag: 30.000 Euro für den Austausch eines Heizkessels, der der Klasse A entsprechen muss.
Der Verkauf von Wärmepumpen boomt. Die Italiener werden zudem mit einem „Ecobonus“, einem 65-prozentigen Freibetrag, gelockt. Dafür reicht es nicht, die alte Heizung nur zu tauschen. Es müssen zudem fortschrittliche Thermoregulierungssysteme für die Wassertemperatur eingebaut werden. In Italien sind allerdings bis heute mehr als 19 Millionen Gaskessel installiert, mindestens 7 Millionen älter als 15 Jahre sind. Es gibt also noch viel zu tun.
Neue Heizungen: Österreich tut sich schwer
Das Alpenland tut sich schwer: Das Ziel ist fixiert, der Weg dahin unklar. Bei Fortlaufen der aktuell geltenden Maßnahmen würden die Treibhausgas-Emissionen Österreichs 2030 bei 42 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten liegen - das wären zwölf Millionen mehr als vorgesehen. Einher geht das mit einem Konflikt innerhalb der Regierung: Die Kanzlerpartei ÖVP setzt zum Beispiel auf E-Fuels für Verbrennungsmotoren, die Grünen mahnen zu Einschnitten.
Einige Schritte sind fixiert: Seit 2023 gilt ein Verbot für neue Öl- und Gasheizungen. Ölheizungen müssen bis 2025 ausgetauscht werden. Größeren Unmut gab es darüber nicht. Bei Gas gilt die Frist bis 2040. Denn: Es mangelt an Alternativen. Nach wie vor importiert Österreich 80 Prozent seines Gases aus Russland, die Wasserkraft reicht nicht aus, um das Land zu versorgen, Windkraftanlagen werden in vielen Regionen vehement abgelehnt. Und kaum ein Privathaushalt hat Solarzellen montiert.
Mit ein Grund: der Förder-Dschungel. Es gibt Förderungen des Bundes, der 940 Millionen Euro für eine Sanierungsoffensive (Gebäudedämmung, Installation alternativer Heizoptionen, Wärmepumpen, Solaranlagen) bereit hält. Es gibt aber auch Förderungen auf Landes-Ebene. Generell schwankt der geförderte Anteil damit im Normalfall und nach Regionen unterschiedlich stark zwischen einem Viertel und einem Drittel des Investitionsvolumens.
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