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USA: Israel könnte mehr tun, um zivile Opfer zu vermeiden

| Lesedauer: 10 Minuten
Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel: Hat er überhaupt einen Plan für die Zeit nach dem Gaza-Krieg?

Benjamin Netanjahu, Ministerpräsident von Israel: Hat er überhaupt einen Plan für die Zeit nach dem Gaza-Krieg?

Foto: Abir Sultan / DPA Images

Die Kritik an Israel nimmt zu: Frankreich verurteilt Gewalt israelischer Siedler, die USA fordern mehr Schutz für Zivilisten. Der Blog.

  • Israel wird ermahnt, Zivilisten besser zu schützen
  • Weder die Hamas noch der Palästinenserbehörde sollen nach dem Krieg Gaza kontrollieren
  • Baerbock erwartet von Israel mehr Schutz von Zivilisten
  • Israels Armee meldet Fund von Waffen und Tunneln auf Uni-Campus
  • WHO-Sprecher kritisiert Israel: mehr als Selbstverteidigung
  • Israels Armee reagiert auf Meldung über Journalisten in Kampfzone

Berlin/Tel Aviv. Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist weiterhin sehr angespannt. Am Mittwoch hatten aufgebrachte Zivilisten UN-Hilfslieferungen geplündert. Am Donnerstagabend trafen knapp 70 Lastwagen mit Hilfsgütern in dem Gebiet ein. Das ist allerdings nur ein Bruchteil dessen, was vor dem 7. Oktober in den Gazastreifen geliefert wurde. Nun sollen die Einwohner offenbar wieder mehr Hilfe bekommen. Israel steht Berichten zufolge davor, den Grenzübergang Kerem Schalom zu öffnen. Auch scheint es eine Reihe von Zufluchtsorten zu geben, die die Armee nicht angreift.

Derweil hat Israels Armee die größte Stadt im Süden des Gazastreifens nach eigenen Angaben eingekesselt und das Haus des Gaza-Chefs der islamistischen Hamas umstellt. Jihia al-Sinwar könne fliehen, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Mittwochabend, „aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir ihn finden“.

Hier finden Sie alle neuen Entwicklungen zur Lage in Israel im Newsblog.

Israel-News vom 8. Dezember: USA und Frankreich kritisieren Israel

21.04 Uhr: Die USA reagieren zunehmend besorgter auf die Bodenoffensive im Süden des Gaza-Streifens. Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, John Kirby, sagte am Freitag, dass Israel mehr tun könne, um zivile Opfer zu reduzieren.

Die USA teilten die internationalen Bedenken hinsichtlich der humanitären Lage in Gaza. „Wir sind uns alle bewusst, dass mehr getan werden kann, um die Zahl der Opfer unter der Zivilbevölkerung zu verringern“, sagte Kirby.

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mahnte in einem Telefonat mit Israels Premierminister Benjamin Netanyahu den Schutz der Zivilbevölkerung im Gazastreifen an. Außerdem plädierte er für ein dauerhaftes Waffenstillstandsabkommen.

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Macron bekräftigte zwar die Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus. Er forderte von Netanjahu aber auch, „die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, um die Angriffe von Siedlern auf Palästinenser im Westjordanland zu beenden.

Netanjahu lehnt Beteiligung der Hamas an künftiger Gaza-Führung ab

16.49 Uhr: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat eine Beteiligung der Hamas an einer zukünftigen Regierung im Gazastreifen vehement ausgeschlossen. „Es wird keine Hamas geben – wir werden sie beseitigen“, schrieb Netanjahu am Freitag auf X.

Er reagierte damit auf einen Vorschlag des palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Schtaje. Dieser hatte in einem Interview der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt, in dem von ihm bevorzugten Szenario werde die Hamas nach Ende des Kriegs Juniorpartner der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) im Gazastreifen.

„Allein die Tatsache, dass dies der Vorschlag der Palästinensischen Autonomiebehörde ist, stärkt nur meine Politik: Die Palästinensische Autonomiebehörde ist nicht die Lösung“, schrieb Netanjahu auf X.

Was die Lösung sein soll, verriet Netanjahu nicht. Insbesondere die Amerikaner mahnen seit Langem einen Plan für die Zeit nach dem Krieg an – eine Exitstrategie. Netanjahu hat sowohl die Hamas als auch die Palästinenserbehörde abgeschrieben.

Die USA wollen, dass die im Westjordanland regierende PA, die die Hamas 2007 gewaltsam aus dem Gazastreifen vertrieben hatte, dort nach dem Krieg wieder die Kontrolle übernimmt. Israel ist dagegen. Die PA ist eigenen Angaben nach dazu bereit, sollte es eine Zweistaatenlösung geben. Die Islamisten könnten beim Aufbau eines unabhängigen Palästinenserstaates helfen, sagte Schtaje im Interview mit Bloomberg weiter.

Bericht: 150 Zufluchtsorte im Gazastreifen – dort keine Armeeangriffe

14 Uhr: Im Gazastreifen gibt es einem israelischen Medienbericht zufolge rund 150 Zufluchtsorte für schutzsuchende Zivilisten. Diese würden nicht von der Armee angegriffen, meldete die „Times of Israel“ am Freitag unter Berufung auf die für Kontakte mit den Palästinensern zuständige israelische Cogat-Behörde. Dazu zählten etwa Schulen und andere öffentliche Einrichtungen. Die UN geben demnach die Koordinaten dieser Gebäude an Israel weiter.

Zusätzlich dazu gibt es dem Bericht zufolge noch die rund 20 Quadratkilometer große „humanitären Zone“ in Al-Mawasi, die die Armee demnach ebenfalls nicht attackiert. Die Hamas hatte aus dem Gebiet zuvor laut Armee aber Raketen Richtung Israel abgefeuert.

Die Situation in Al-Mawasi ist Augenzeugenberichten zufolge sehr prekär, es fehlt demnach an Lebensmitteln und Unterkünften. Nach Aufforderung der israelischen Armee flüchteten Hunderttausende Schutzsuchende aus dem zunächst heftiger umkämpften Norden in den Süden des abgeriegelten Küstengebiets. Inzwischen hat die Armee ihre Kämpfe auch im Süden des Gazastreifens verstärkt.

Baerbock erwartet von Israel mehr Schutz von Zivilisten

13.20 Uhr: Außenministerin Annalena Baerbock verlangt von der israelischen Regierung einen stärkeren Einsatz für den Schutz von Zivilisten im Gazastreifen. „Wir erwarten, dass Israel sein militärisches Vorgehen anpasst, um ziviles Leid zu lindern, dass es mehr humanitäre Hilfe zulässt, gerade auch in den Norden, dass es militärisch gezielter vorangeht und weniger zivile Opfer in Kauf nimmt“, sagte die Grünen-Politikerin am Freitag am Rande der Weltklimakonferenz in Dubai. „Der Kampf gilt der Hamas und nicht den unschuldigen Palästinenserinnen und Palästinensern.“

Dem Konflikt seien schon zu viele Zivilisten in Gaza zum Opfer gefallen, betonte Baerbock. Wie Israel den Kampf führe, sei auch zentral, „um die Perspektive auf eine politische Lösung zu erhalten“. Sie erklärte: „Es gehört zur Wahrheit dazu: Der Krieg ist nicht gewonnen, wenn man den Frieden dabei verliert.“

Humanitäre Hilfsgüter kämen kaum noch über Rafah an der Grenze zu Ägypten hinaus und im Norden Gazas schon seit Tagen nicht mehr an. „Für die Menschen in Gaza, insbesondere die Kinder, ist das Leben einfach nur die Hölle.“ Zugleich wies sie auf die Raketenangriffe auf Israel durch die Hamas, die Hisbollah und die Huthi-Rebellen hin. Angehörige in Israel sorgten sich um Geiseln in den Händen der Hamas.

Israels Armee meldet Fund von Waffen und Tunneln auf Uni-Campus

13.10 Uhr: Israels Militär hat eigenen Angaben zufolge auf dem Gelände der Al-Azhar-Universität im Gazastreifen Waffen und Tunnel gefunden. Die Hamas nutze den Campus für ihre Aktivitäten, teilte die Armee am Freitag mit. Ein unterirdischer Tunnel soll den Angaben nach vom Universitätsgelände zu einer einen Kilometer entfernten Schule führen. Soldaten hätten bei ihrem Angriff am Donnerstag auf dem Campus unter anderem Sprengsätze und Raketen entdeckt. Die Hamas missbraucht der Armee zufolge auch das Universitätsgebäude für Angriffe gegen israelische Soldaten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

WHO-Sprecher kritisiert Israel: Mehr als Selbstverteidigung

13.04 Uhr: Ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die israelischen Angriffe im Gazastreifen am Freitag scharf kritisiert. Bei den seit zwei Monaten andauernden Angriffen gehe es nicht nur um Selbstverteidigung gegen extremistische Palästinensergruppen wie die Hamas, sondern dies betreffe die gesamte Bevölkerung, sagte Christian Lindmeier im UN-Briefing, das zweimal in der Woche in Genf stattfindet. Unschuldige Zivilisten würden von den Angriffen getroffen, selbst enge Verbündete Israels hätten von „willkürlicher Bombardierung“ gesprochen.

Der Gesundheitssektor sei schwer beschädigt, die Versorgung der Menschen praktisch unmöglich geworden, sagte Lindmeier. Die WHO fordert wie alle anderen humanitären UN-Organisationen ein Ende der Angriffe.

Israels Armee reagiert auf Meldung über Journalisten in Kampfzone

13.01 Uhr: Die israelische Armee hat auf eine Recherche der Nachrichtenagentur AFP reagiert, wonach Mitte Oktober sieben Journalisten bei Beschuss im Südlibanon von einem israelischen Panzergeschoss getroffen wurden. Der Beschuss habe sich „in einer aktiven Kampfzone“ ereignet, „in der es zu Feuergefechten kommt“, teilte die israelische Armee am Freitag mit. „Der Aufenthalt in diesem Gebiet ist gefährlich“, sagte ein Armeesprecher. Der Vorfall werde untersucht.

Der Armeesprecher wies zudem darauf hin, dass die israelische Armee am Vortag die UN-Mission Unifil im Libanon gebeten habe, „nachzuprüfen, dass sich keine Zivilisten in der Kampfzone befinden“.

Am 13. Oktober, dem Tag des Beschusses, habe die mit der radikalislamischen Hamas verbündete pro-iranische Hisbollah-Miliz im Libanon „einen Angriff auf mehrere Ziele auf israelischem Gebiet entlang der libanesischen Grenze gestartet“, erklärte die Armee weiter. Die Streitkräfte hätten darauf mit Artillerie- und Panzerangriffen reagiert. Israel habe damit „eine mögliche Infiltration von Terroristen“ aus dem Libanon nach Israel verhindern wollen.

Die am Donnerstag in Paris veröffentlichte AFP-Untersuchung hatte ergeben, dass die Journalisten von einem 120-Millimeter-Panzergeschoss getroffen wurden, das in der Region allein von der israelischen Armee verwendet wird. Eine ebenfalls am Donnerstag veröffentlichte Untersuchung der Nachrichtenagentur Reuters kam gleichfalls zu dem Schluss, dass es sich um israelischen Panzerbeschuss gehandelt habe.

Wieder Raketenalarm an Israels Grenze zum Gazastreifen

10.44 Uhr: Während Israels Armee weiter gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen vorgeht, hat es in Israel erneut Raketenalarm gegeben. An der Grenze zum Gazastreifen heulten am Freitagmorgen wieder die Sirenen, wie die israelische Armee meldete. Die Raketenangriffe aus dem Gazastreifen nähmen aber inzwischen spürbar ab, meldeten israelische Medien. Den letzten Angriff hatte es Armeeangaben zufolge 15 Stunden zuvor am Donnerstagabend gegeben.

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