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Fragen und Antworten: Schicksalsjahr im Hambacher Forst?

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Polizisten stehen im Hambacher Forst und schauen sich Baumhäuser an. Vor der nächsten geplanten Baumhaus-Räumung haben Behörden mit einer Bestandsaufnahme in dem Wald begonnen.

Polizisten stehen im Hambacher Forst und schauen sich Baumhäuser an. Vor der nächsten geplanten Baumhaus-Räumung haben Behörden mit einer Bestandsaufnahme in dem Wald begonnen.

Foto: dpa

Kerpen.  Der Hambacher Forst war 2018 ein Symbol für den Konflikt um Klima und Kohle. Das Jahr 2019 könnte wichtige Entscheidungen für den Wald bringen.

Kohlekommission, neue Räumungen, wichtige Gerichtsentscheidung: 2019 könnte zum Schicksalsjahr für den Hambacher Forst werden.

Wochenlang hatte die Polizei vergangenen Herbst bei einem ihrer größten Einsätze in Nordrhein-Westfalen überhaupt 86 Baumhäuser von Braunkohlegegnern geräumt. Sobald das letzte Baumhaus weg war, begannen Braunkohlegegner an anderen Stellen aber sofort wieder mit dem Bau neuer Hütten. Es gab Angriffe auch mit Molotow-Cocktails auf Polizisten und RWE-Mitarbeiter. Jetzt stehen neue Räumungen an, Mitte März gibt es außerdem wichtige neue Gerichtsentscheidungen zur Rodung des Waldes.

Haben die Räumungen etwas mit den geplanten Rodungen zu tun?

Die NRW-Landesregierung sagt Nein. Die Anweisung zur Räumung kommt vom Bauministerium, der obersten Bauaufsicht des Landes. Seit der letzten großen Baumhaus-Räumung im Herbst haben Braunkohlegegner schon wieder neue Baumhäuser gebaut - nach vorsichtigen Schätzungen der Behörden könnten es bis zu 40 sein. Das Ministerium sieht in den Hütten Mängel beim Brandschutz. Zudem bestehe wegen ungenügender Sicherung der Hütten in schwindelerregender Höhe gegen Stürze Gefahr für Leib und Leben der Bewohner.

Wie sehen das die Braunkohlegegner?

Braunkohlegegner sehen die Räumung im Zusammenhang mit der weiter geplanten Rodung - auch wenn eine Rodung gerichtlich erst mal gestoppt ist - und werfen der Landesregierung einseitige Unterstützung des Energiekonzerns RWE vor. Kohlegegner wie Andreas Zobel, der seit Jahren mit Waldspaziergängen für den Erhalt des Waldes kämpft, bezeichnete die geplante Räumung als "völlig sinnwidrige Vergeudung von Steuergeldern". Man solle doch erst einmal die grundlegenden Entscheidungen zur Zukunft der Kohle unter anderem in der Kohlekommission abwarten.

Wann werden diese Weichenstellungen erwartet?

Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission «Wachstum Strukturwandel und Beschäftigung» will bis Anfang Februar ein Konzept vorlegen, wie und wann Deutschland aus der Kohleverstromung aussteigen und zugleich neue Jobs für die betroffenen Regionen schaffen kann. Umweltschützer hatten in der Kommission Druck für den Erhalt des Waldes am Tagebau Hambach gemacht: Sie wollten der Empfehlung nur zustimmen, wenn darin auch der Erhalt des Hambacher Waldes festgeschrieben wird. Der Umweltverband BUND hält das bergtechnisch für möglich.

Was sagte RWE dazu?

RWE-Chef Rolf Martin Schmitz ist dagegen der Auffassung, dass der Wald selbst bei einem Stopp der Bagger nicht mehr zu retten sei. Die Erdmassen unter dem Wald würden benötigt, um die steile Abbruchkante am Tagebau aufzufüllen und die Rekultivierung zu betreiben. Die Böschungen seien so steil, dass sie abgeflacht werden müssten.

Welche Rolle spielt der juristische Streit, wenn die Kommission schon eine Empfehlung abgegeben hat?

Der juristische Streit ist die zweite Ebene, auf der der Umweltverband BUND um den Erhalt des Waldes kämpft - mit einem Überraschungserfolg im Herbst: Während der Energiekonzern RWE unmittelbar nach der Baumhaus-Räumung seine Vorbereitungen für die Rodung traf, verfügte das Oberverwaltungsgericht Münster einen vorläufigen Rodungsstopp. Das Verwaltungsgericht Köln will am 12. März in der Hauptsache über die BUND-Klage gegen die Rodung und zwei weitere Klagen im Zusammenhang mit dem Tagebau Hambach verhandeln.

Welchen Rechtsstatus hat der Wald heute?

Seit dem vorläufigen Rodungsstopp ist der Hambacher Wald nicht mehr Betriebsgelände, sondern ein öffentlich zugänglicher Wald im Eigentum von RWE Power. Die gesetzliche Grundlage für die Nutzung des Waldes ergibt sich aus dem Waldgesetz des Bundes- und Landesforstgesetzes. Auf dieser Grundlage hatte RWE in den letzten Monaten immer wieder unter Polizeischutz waldfremde Gegenstände wie Paletten oder ein altes Sofa weggeräumt, mit denen Barrikaden gebaut wurden. (dpa)

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