Rheinberg/Xanten. NRZ-Redakteur Simon Gerich testet eine Radtour von Rheinberg nach Xanten. Die Strecke ist größtenteils autofrei und hat viel zu bieten.
Es ist noch früher Vormittag, auf dem Rheindeich bei Wesel weht eine sanfte Brise, während sich die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg bahnen. Rechts von mir schiebt sich ein Dampfer gemächlich Rheinaufwärts, links schreitet ein Storch über ein brach liegendes Feld und wühlt mit seinem Schnabel im lockeren Erdreich. Nur das regelmäßige Knacken meiner Fahrradkette durchbricht die Stille. Reine Idylle.
Wenige Stunden zuvor am Essen Hauptbahnhof: Die Türen des RE 1 öffnen sich. Pendler drängen raus, andere Pendler drängen rein. Es ist laut, hektisch und unübersichtlich. Was für ein Gegensatz.
Urlaubsgefühle mitten in der Region
Dem stressigen Alltag entfliehen, wenigstens für ein paar Stunden. Erholung, Entspannung – Urlaubsgefühle: Dafür muss man an Rhein und Ruhr nicht besonders weit fahren, denn auch hier gibt es viele schöne Ecken, wo man gemütlich die Seele baumeln lassen kann. Auf einer der vielen Radrouten etwa, die durch den grünen Niederrhein führen. Hier wird Entschleunigung und Gelassenheit gelebt, von den Radlern auf und den Schafen neben dem Weg.
Für meinen Fahrradausflug habe ich mir eine Strecke von Rheinberg nach Xanten ausgesucht. 28 Kilometer, immer am Rhein entlang, Deiche, Naturschutzgebiete, Kühe und grüne Wiesen, so weit das Auge reicht. Gefunden habe ich die Strecke im Rad-Reiseführer „Autofreie Radtouren“. Konzept der insgesamt 50 Touren: Routen über Uferwege und ehemalige Bahntrassen, stets von Bahnhof zu Bahnhof. Möglichst Autofrei eben.
„Besuch bei den alten Römern“ nennt sich die Tour, vorbei an der Historischen Eisenbahnbrücke von Wesel, dem Fort Blücher, der Bislicher Insel bis zum Siegfriedmuseum und dem Archäologischen Park in Xanten. Weil mein eigenes Fahrrad noch im Winterschlaf schlummert, muss also ein Leihrad her. Ich entscheide mich für das Angebot Niederrheinrad von Niederrhein Tourismus. An über 30 Stationen, vorrangig Hotels, sind hier die quietschgrünen Räder – Modell Hollandrad, sieben Gänge, tiefer Einstieg – zu mieten. Ich zahle neun Euro für einen Tag.
Also auf den Drahtesel geschwungen und los geht’s. Auf den ersten Metern aus Rheinberg raus teile ich mir noch die Straße mit dem Autoverkehr, ab der zweiten Kreuzung gibt es immerhin einen getrennten Radweg. Nichtmal zehn Minuten später biege ich rechts ab und habe die Strecke für mich. Jetzt geht es weit ins Grüne, mit jedem Meter wird das Rauschen des Verkehrs leiser, das Zwitschern der Vögel dafür deutlicher. Schön.
Der Weg führt mich an eine Gabelung; statt den Reiseführer zu bemühen, fahre ich rechts und lande in einer Sackgasse. Wer nicht dauernd in das Buch oder alternativ sein Smartphone schauen möchte, der prägt sich den Weg entweder gut ein oder riskiert ein paar Meter mehr. Egal, umdrehen und zurück. Es wird das einzige mal bleiben, dass ich mich verfahre.
Sitzbänke bieten Pausenorte mit Rheinblick
Auf dem Weg nach Xanten ist an diesem Vormittag nicht viel los. Vereinzelt kommen mir Radler entgegen, oft allein, selten in Gruppen. Die Sitzbänke am Wegesrand sind trotzdem fast alle belegt. Erst nach einem guten Stück finde ich ein freies Plätzchen mit Rheinblick. Ein schöner Ort für eine kurze Pause, Picknick wäre nicht schlecht, wenn ich daran gedacht hätte. Stattdessen genieße ich die Frühlingssonne und beobachte dabei die Rheinschiffe, wie sie von links und rechts meinen Blick kreuzen. So schön und entspannend. Als ich meine Tasche packe und weiterfahre, hält bereits der nächste Radfahrer an der schönen Bank.
Die 28 Kilometer lange Strecke von Rheinberg nach Xanten ist dank weniger kurzer Steigungen auch für Familien mit Kindern geeignet. Anreize, die Strecke zu schaffen, gibt es schließlich auch: in Xanten locken nicht nur interessante Museen, sondern auch die schöne Altstadt mit zahlreichen Cafés, Restaurants und Eisdielen. Für mich geht es jedoch zuvor zur Abgabestation des Rads und von da aus zu Fuß zum Bahnhof. Ich wäre aber lieber geradelt.
>>> Info „Autofreie Radtouren“
Das Buch „Autofreie Radtouren“ ist erschienen im Klartext Verlag. Auf über 170 Seiten werden 50 Radrouten durch ganz NRW vorgestellt. Mehr als 50 beiliegende Coupons können an verschiedenen Orten und Institutionen am Rand der Routen eingelöst werden. Das Buch kostet 12,95 Euro und ist überall im Buchhandel und unseren Leserläden zu bekommen. Informationen unter: www.klartext-verlag.de
Informationen zum Fahrradverleih „Niederrheinrad“ von Niederrhein Tourismus gibt es unter www.niederrhein-tourismus.de oder telefonisch unter 02162 / 81 79 03.
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