Corona

Erstes Autokino-Konzert der Klassischen Musik in Iserlohn

| Lesedauer: 5 Minuten
Auf unbekanntes Terrain begab sich Starpianist Alexander Krichel am Samstagabend mit dem weltweit ersten Autokino-Konzert für klassische Musik.

Auf unbekanntes Terrain begab sich Starpianist Alexander Krichel am Samstagabend mit dem weltweit ersten Autokino-Konzert für klassische Musik.

Foto: Dennis Echtermann

Iserlohn.  Pianist Alexander Krichel hat am Samstagabend das weltweit erste Autokino-Konzert der klassischen Musik gespielt.

Mit dem Auftritt von Starpianist Alexander Krichel wurde der Seilersee-Parkplatz am Samstagabend zum Schauplatz einer weltweiten Premiere. Für das erste Autokino-Konzert im Bereich der klassischen Musik nahmen die etwa 120 Besucher teils weite Strecken auf sich, wie an den Kennzeichen aus Bochum, Oberhausen, Essen, Köln und Bonn erkennbar war. Der Musiker hat sich in den vergangenen Jahren seit seinem Echo-Klassik-Gewinn einen Namen gemacht, sogar international sorgt das Konzert für Furore. So soll die Aufnahme in China gestreamt werden, und auch in den USA laufen Verhandlungen über die Ausstrahlung.

Auch für den Pianisten selbst, der im vergangenen Sommer zu Gast beim „Hofmusik-Festival“ in Rheinen war, ist das Konzert ein ganz besonderes. „Ich habe auf der Hinfahrt realisiert, wie lange ich eigentlich Hamburg nicht verlassen habe und wie lange ich nicht mehr auf der Bühne stand“, sagte der Künstler. Aufgrund der Corona-Pandemie sind natürlich auch die Konzerte des Pianisten in den vergangenen Wochen ausgefallen. Nach zwei Monaten Zwangspause war das Autokino-Konzert der erste Live-Auftritt. Organisiert wurde der Abend von den „Hofmusik“- Organisatoren Sarah Chloé Mikus und Martin Kallnischkies in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken.

Hupen als Applaus, Warnblinker als Lacher

Einen Künstler wie Alexander Krichel, der für das Live-Spielen lebt, trifft diese Situation besonders hart. Mit dem Autokino-Konzert durfte er nun endlich wieder vor einem Publikum performen und wurde mit dieser Konzertform in das „Nordpolarmeer“ geworfen. „Es gibt schließlich keinerlei Erfahrungswerte“, sagte Alexander Krichel vor dem Konzert. „Ich finde es spannend zu sehen, ob die Synergie mit dem Publikum, die auf den Konzerten normalerweise besteht, sich auch im Autokino-Konzert entwickelt.“ Da das Publikum in den Autos die Klavier-Klänge genießt, war der Pianist gespannt, ob und wie die Reaktionen sind. „Normalerweise bekommt man auf der Bühne ja ein direktes Feedback, hört ein Rascheln, Applaus oder Lachen zu einer Randbemerkung, die man gemacht hat. Jetzt muss ich von einer bestimmten Wirkung ausgehen, ohne es genau zu wissen“, erklärt er weiter. Deshalb hatte er sich für das zweieinhalbstündige Konzert ein „Wörterbuch“ ausgedacht, um mit dem Publikum dennoch kommunizieren zu können. Als Analogie zum Klatschen sollten die Besucher beispielsweise ihre Begeisterung mit der (Licht-)Hupe ausdrücken und den Warnblinker einsetzen, wenn die Anmoderationen als witzig empfunden werden.

Auch die Besucher freuten sich am Samstagabend, dass in Zeiten von Corona wieder Konzerte stattfinden können. „Ich bin ausgehungert nach Kultur“, sagte Christa Krämer, die das Konzert vorab zum Muttertag geschenkt bekommen hatte. „Endlich mal wieder Kultur“, fand auch Jutta Wiesner und fügte hinzu: „Wir freuen uns auf die wunderbare Musik und sind gespannt auf diese ungewöhnliche Konzertveranstaltung.“ Doch nicht nur das ungewöhnliche Ambiente lockte an diesem Abend die Menschen an den Seilersee, sondern auch der Künstler selbst. Margret Willnauer ist deswegen eigens aus Leverkusen angereist. „Alexander Krichel und seiner Musik bin ich sehr verbunden, und ich freue mich, dass ich ihn endlich wieder live spielen sehen kann“, erklärte sie.

Autos verwandeln sich in private Konzertsäle

Für die Zuschauer verwandelte sich schließlich der eigene PKW in den privaten Konzertsaal, in dem sie es sich mit selbst mitgebrachten Snacks und Getränken gemütlich machten. Über das Autoradio konnten sie dann die emotionalen Interpretationen von Ludwig van Beethovens Sonaten „Der Sturm“ und „Apassionata“ sowie Franz Liszts „Venezia e Napoli“ und „Après une lecture du Dante: Fantasia quasi Sonata“ hören, über die Leinwand und auch mit direktem Blick auf die Bühne das leidenschaftliche Spiel von Alexander Krichel bewundern. Abwechselnd stellte er die Kompositionen von Beethoven und Liszt gegenüber. In seinen Moderationen brachte der 31-Jährige die klassischen Werke dem Publikum auf sehr gekonnte Weise näher.

Nach dem Konzert zeigte sich Alexander Krichel zufrieden: „Ich habe erstaunlich viel Energie fließen spüren. Obwohl jeder in seinem Auto saß, kam da doch noch sehr viel rüber.“ Auf die Frage, ob er sich weitere Autokino-Konzerte während der Corona-Pandemie vorstellen könne, antwortete er mit ja, fügte dann jedoch an: „Dieses Konzert hat jetzt einen besonderen Stellenwert für mich. Wenn ich jetzt über weitere Autokino-Konzerte nachdenke, würde ich die Bedeutung des Abends trivialisieren.“

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Iserlohn