Iserlohn. Flüchtlinge und Deutsche, die gerade einen Bundesfreiwilligendienst absolvieren, hatten jetzt die Gelegenheit, ein zweitägiges Kreativseminar in der Kunstfabrik „casa b.“ zu erleben.
Immer wieder heißt es an diesem sonnigen Nachmittag: „Danke, vielen Dank.“ Diejenigen, die das sagen, strahlen über das ganze Gesicht. In ihren Händen halten sie Leinwände, Bretter oder Plakate, die bunt bemalt sind. Die Frauen und Männer, die die Kunstfabrik „casa b.“ verlassen, sind allesamt Bundesfreiwillige („Bufdis“). Und viele von ihnen haben einen Migrationshintergrund, sind Flüchtlinge aus Syrien, Burkina Faso, Nigeria, Kasachstan, Eritrea und aus anderen Ländern, genauso wie aus Deutschland.
Einsätze als Dolmetscherund Begleiter
Etwa 30 Personen hatten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, im Rahmen der pädagogischen Begleitung der Bundesfreiwilligen das Seminar „Sprachrohr Kunst: Mein WortSchatz“ zu besuchen. „Als Höhepunkt sozusagen, denn für einige ist der Bundesfreiwilligendienst jetzt zu Ende“, sagt Sabine Hinterberger vom Bereich Beschäftigungsförderung der Stadt. Einige der Teilnehmer haben zu den Flüchtlingen gehört, die im Juli 2015 als erste in die Almelo-Halle eingezogen sind. Zu Beginn des Jahres 2016 haben sie ihren Bundesfreiwilligendienst begonnen: Einige sind beim Ordnungsamt als Dolmetscher im Einsatz, andere begleiten oder übersetzen für die Schützlinge der Beschäftigungsförderung, andere arbeiten mit den internationalen an Schulen. Die Deutschen wiederum absolvieren einen „Bundesfreiwilligendienst mit Flüchtlingsbezug“.
Während die Flüchtlinge in ihrem Alltag ständig Sprachbarrieren oder Kommunikationsstörungen erleben, die vieles erschweren, weil sie die Wörter mitunter noch nicht kennen, sind die deutschen Bufdis mit den Themen der Flucht und der ungewissen Zukunft ihrer Schützlinge konfrontiert, was sie wiederum oft sprachlos macht. Und weil „casa b.“ bereits über vielfältige Erfahrungen in der mehrsprachigen Arbeit mit Flüchtlingen und entsprechende weiterführende Angebote der Freizeitgestaltung verfügt, entstand die Kooperation. Die hat an zwei Tagen des Malens und Gestaltens einen noch engeren Zusammenhalt unter den 18- bis über 50-jährigen Teilnehmern, die sich eben bereits zum Teil schon seit mehr als einem Jahr kennen, gebracht.
Schilderungen der Fluchtwaren schockierend
Die Dozentinnen Lorina May, Karin Kroll und Christiane Bisplinghoff hatten nicht nur eine Menge Spaß mit ihren „Schülern“, sondern mussten auch mehr als einmal schlucken, wenn sie die Flucht-Erlebnisse geschildert bekamen. „Einige sind auf Booten aus Syrien gekommen, mussten teils sechs Anläufe nehmen, bis es geklappt hat. Ich habe selten so eine Offenheit erlebt“, sagt Lorina May.
Die Teilnehmer sollten sich zu Beginn ein Wort aussuchen, das für sie besonders wichtig ist. „Arbeit“ ist vielen herausgekommen, bei einigen auch „Familie“ und „Heimweh“. Die Wörter wurden dann typographisch, als Collage oder auf einer Holzstele kreativ dargestellt. So mancher war so eifrig bei der Sache, dass die Pausen in Vergessenheit gerieten. „Und drei haben schon nachgefragt, ob sie mal zum Malen vorbeikommen dürfen“, so Karin Kroll. Die Werke aus dem Seminar sollen möglichst noch in einer Ausstellung gezeigt werden.
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