Baumeister

„Normaler Rentner“ geht bei Horst F. Ranke nicht

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Horst F. Ranke in seinem Stadthotel: Der umfangreiche Umbau des Hotels war das letzte von 590 Bauprojekten seines Architekturbüros.

Horst F. Ranke in seinem Stadthotel: Der umfangreiche Umbau des Hotels war das letzte von 590 Bauprojekten seines Architekturbüros.

Foto: Ralf Tiemann

Iserlohn.  Der Iserlohner Architekt hat den äußerst seltenen Goldenen Meisterbrief als Baumeister erhalten.

Was genau das ist, was Iserlohn an sich hat und worauf er auf keinen Fall verzichten will, kann Horst F. Ranke auch nicht so genau sagen. Irgendetwas muss da aber sein, was ihn sein Leben lang hier gehalten hat. Es habe oft Gelegenheiten gegeben, sich auch anders zu entwickeln, sagt der 79-Jährige. Und auch heute noch klopfe eines seiner Kinder regelmäßig an, ob er nicht auch runter nach München ziehen will – immerhin mit vier Enkelkindern als schlagkräftige Argumente im Rücken. Aber nein, irgendetwas müsse Iserlohn ja haben, „Ich bin schließlich noch hier“, sagt Ranke lachend.

Nun drängt sich natürlich die Vermutung auf, dass genau das, was ihn hier hält, die Tatsache ist, dass er selbst Iserlohn über Jahrzehnte hinweg mitgestaltet, um- und aufgebaut hat. Host F. Ranke gehört zu den prominentesten Architekten der Stadt. Und mehr noch: Er gehört zu ganz wenigen noch aktivem Baumeistern der Stadt – ein Meistertitel der seit etwa 1980 nicht mehr vergeben wird und für den er jetzt von der Handwerkskammer Arnsberg wohl als letzter seiner Art den Goldenen Meisterbrief bekommen hat.

Geradliniger Weg in die Selbstständigkeit

Und als solcher war Horst F. Ranke an vielen bedeutenden Bauvorhaben Iserlohns unmittelbar beteiligt. Der Umbau des Stadthotels, in dem wir das Gespräch führen, war vor vier Jahren sein letztes großes Iserlohner Projekt und trägt die Projektnummer 590. Aus der Lobby fällt der Blick auf das Rathaus, das er zusammen mit anderen Architekten 1974 als Gemeinschaftsarbeit errichtet wurde. Und das sind nur zwei der besonders Stadtbild prägenden Häuser. Die insgesamt 48 Wohnhäuser, die er in Sümmern für die IGW gebaut hat, tragen im Übrigen nur eine einzige Projektnummer – nur um ein Gefühl für Größenverhältnisse zu geben.

Den beruflichen Weg, den der Iserlohner Architekt hingelegt hat, um auf solche Zahlen und Erfolge zurückblicken zu können, kann man nur geradlinig nennen. Nach der Schulzeit am Märkischen Gymnasium hatte er bereits mit 19 Jahren nach verkürzter Ausbildungszeit seine Gesellenprüfung als Maurer abgelegt und die Ingenieur-Schule in Hagen besucht. Nach zwei Festanstellungen in verschiedenen Architekturbüros, dem Wehrdienst und dem Architektur-Studium an der Technischen Universität Berlin hat er sich schließlich 1962 mit gerade mal 25 Jahren selbstständig gemacht – und ist es bis heute geblieben.

Wesentlich für ihn ist aber nicht nur das immense Arbeitspensum, das er sich schon für diesen schnellen Weg in die Selbstständigkeit auferlegt hat, sondern das sein ganzes Berufsleben geprägt und das er bis heute beibehalten hat. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht schon in der Frühe in sein Büro an der Albecke geht und dort auch bis in den Abend arbeitet. Wesentlich ist vor allem auch, der immerwährende Drang, vorne mit dabei und auf der Höhe der Zeit zu sein, immer auch etwas Neues und Anderes zu machen und sich von neuen Ideen und Strömungen mitreißen zu lassen.

Das lässt sich auch an anderen Stationen seines Werdeganges ablesen – etwa daran, dass er sich auch als erfolgreicher Architekt noch ständig fortgebildet hat, weiter studiert hat, selbst einen Lehrauftrag an der Uni Essen angenommen hat oder eben diesen heute kaum bekannten Titel des Baumeisters erlangt hat, was seinerzeit mit dem Nachweis von fünf Berufsjahren als Bau-Ingenieur und schließlich weiteren fast zwei Jahren auf der Schulbank ebenfalls kein Pappenstiel gewesen sei. Der Titel befugte vor allem auch dazu, sich als Architekt mit einem Bau-Unternehmen selbstständig zu machen und als Allround-Handwerksmeister in sämtlichen Baugewerken auszubilden.

Was Ranke aber nicht getan hat. Stattdessen ist er nach dem aufwendigen Umbau des Stadthotels mit seiner Frau in die Hotellerie gewechselt, was nur auf den ersten Blick ein ganz und gar fremdes Feld darstellt. „Die Bindung an das, was Menschen brauchen und mögen, ist bei einem Architekten immer da“, sagt er. Und von einer solchen Haltung ist der Weg in die Gastronomie nicht mehr weit. Vor allem nicht, wenn man sich so wie Horst Ranke stets von Neuem und Anderem in­spirieren lässt. „Es ist immer gut, zu spinnen und sich anstoßen zu lassen“. Datenverarbeitung und EDV sind beispielsweise Themen, die ihn schon seit Ende der 70er Jahre umtreiben, als sonst niemand über so etwas nachgedacht hat. In der 1970 gegründeten Architektenkammer trägt er die Nummer 231 von heute rund 31 000 Architekten – auch das ein Zeichen seiner Schnelligkeit und Offenheit für Neues. Und auf seinen Reisen haben er und seine Frau sich eben auch von anderen Hotels anstoßen lassen, in Iserlohn das Stadthotel wieder wach zu küssen.

Ein „normaler Rentner“, wie er sagt, wird er dabei wohl nicht mehr. Und seine Heimatstadt lässt ihn auch nicht los – mit großem Interesse für die aktuellen Entwicklungen. Auf den neuen Schillerplatz ist er gespannt. Und er kritisiert, dass es heute kaum noch dieses große Gemeinschaftsgefühl in Iserlohn gibt und dass die Stadt viel zu wenig aus sich mache. Treu wird er Iserlohn aber dennoch bleiben.

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