Letmathe. Der Protest gegen die Steinbrucherweiterung am Ahm ist groß. Rund 70 Einwendungen gingen bei der Genehmigungsbehörde ein. Wie ist die Stimmung am Dümpelacker? Die Redaktion sprach mit Hans-Peter Langmann (68), Akazienstraße.
Frage: Sie hatten lange Zeit ein Betttuch an Ihre Hauswand gehängt mit der Parole „Kein Sprengstoff am Ahm”. Warum?
Langmann: Ich wollte auf den Ablauf der Einwendungsfrist aufmerksam machen und der für mich spürbaren Resignation in der Siedlung entgegenwirken und Flagge zeigen. Ich finde, wir müssen etwas tun, auch wenn viele die Situation als ausweglos empfinden.
Frage: Was kann man denn tun?
Langmann: Die Betroffenheit der Anwohner ist nicht erschöpfend diskutiert worden. Auch die Stadt Iserlohn müsste nach meiner Vorstellung deutlicher ihr Interesse am Schicksal der Anwohner unserer Siedlung bekunden. Ich möchte, dass bis zuletzt diskutiert wird, und zwar offener als das bisher geschehen ist.
Frage: „Kein Sprengstoff am Ahm”. Was wollen Sie damit sagen?
Langmann: Der Spruch hat nicht nur symbolischen Charakter. Die Erschütterungen, die von den Sprengungen ausgehen, sehe ich als die größte Gefahr bei der Steinbrucherweiterung, nicht nur aus statischen Gründen. Selbst haarfeine Risse, wie auch ich sie im Keller und nicht unterkellerten Wohnräumen habe, sind ein hohes Gefahrenpotential. Wie wir vor ein paar Jahren an der Saatschule gesehen haben, stehen die Häuser auch hier am Rande des Massenkalks, in dessen Nähe die Bodenluft hohe Radonwerte aufweist. Raumluftwerte von mehr als 100 bq/cbm werden nach Meinung der Strahlenschutzkommission als gesundheitsgefährdend angesehen. Ich habe bei mir 140 bq/cbm im Wohnraum gemessen. Man müsste in der Siedlung an vielen Stellen Messgeräte aufstellen. Dieses Thema ist aber überhaupt noch nicht angesprochen worden.
Frage: Feine Setzungsrisse gibt es in vielen Häusern, überall auf der Welt. Wie können Sie sicher sein, dass Sprengungen dafür verantwortlich sind?
Langmann: Das ist ja eben das Problem. Man kann es nicht beweisen. Kein Siedler wird vermutlich einen Prozess führen gegen die geballte Fachkompetenz des Steinbruchbetreibers und seiner Gutachter. Insofern brauchen wir Hilfe.
Frage: Von wem?
Langmann: Beispielsweise könnte die Stadt durch ihre Erfahrungen mit der Saatschule in Fragen der Radonbelastung helfen. Sie könnte auch zur Steinbrucherweiterung klar Stellung beziehen. Die einzelnen Hausbesitzer scheuen die hohen Kosten. In der Gemeinschaft aber könnte man beispielsweise einen unabhängigen Gutachter beauftragen.
Frage: Ist die Lebensqualität auf dem Dümpelacker in Gefahr?
Langmann: Ja, und dabei geht es nicht nur um Schäden durch die Erschütterungen. Auch die Naherholung ist in Gefahr. Ich finde es überhaupt nicht gleichgültig, dass den Senioren, Familien und Joggern, Hundehaltern, die morgens, mittags und abends den Ahm für Spaziergänge nutzen, sechs oder neun Hektar Natur zusätzlich weggenommen werden sollen. Und ich finde es auch nicht gleichgültig, wenn ich künftig zwischen verdichteten Hochspannungsmasten und Schutzwällen einen Spazierweg suchen soll. Die Qualität dieses Freizeit- und Naturgebietes wird weiter entwertet. Wie überhaupt die Wohnqualität seit der Zeit, als ich 1984 hierhergezogen bin, nachgelassen hat.
Frage: Was meinen Sie damit?
Langmann: Ein ganzes Bündel von Faktoren. Früher war der Friedhof ein Ort der Ruhe. Heute hört man da ganzjährig, insbesondere von Oktober bis Weihnachten Motorlärm, Bagger, Laubgebläse, Mähmaschinen usw., sogar in der Mittagszeit. Auch vom Marienhospital samt Hospiz und Seniorenzentrum fließt viel Verkehr durch die Anliegerstraßen, weil keine Erschließung ohne Belastung des Wohngebietes geplant wurde. Ein solches Gesundheitszentrum zu haben, ist viel wert und die Erweiterungen waren mit Sicherheit alle sinnvoll, doch die Belastung durch den Verkehr ist leider nicht zu leugnen. Hinzu kommen gelegentliche Großveranstaltungen im Autohaus, so schön sie sind, auch sie verursachen Lärm und Verkehr.
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