Essen. Bislang erledigte die Tochter unseres Autors ihre Schulaufgaben hochmotiviert. Und jetzt? Bleibt nur noch die Flucht!
Letzte Woche habe ich sie noch hochgelobt für ihre unermüdliche Motivation, Hausaufgaben zu erledigen. Und jetzt hat es doch nur zwei grobe Monate Schulleben gebraucht, dass meine Tochter die Faxen dicke hat. Ja, es kullerten Verzweiflungstränen, als Melia am vergangenen Sonntagnachmittag noch drei Mal „Alm“, vier Mal „Ali“ und drei Mal „lila“ schreiben musste. Und dann, als sie die Bleistiftmine wutentbrannt in das Schulheft drückte, dann wurde auch noch etwas falsch geschrieben! Das Radiergummi entfernte nicht nur die misslungenen Wörter, es eliminierte die mentale Verfasstheit meiner Tochter gleich mit.
Während ich also versuchte, Melias ersten schulbedingten Ausbruch zu lindern, zeigte sich ihr in Sachen Hausaufgaben grundsätzlich negativ eingestellter Bruder überaus schadenfroh: „Haha, Papa, von wegen, Melia macht so gerne Hausaufgaben!“ Ich hatte ihm neulich erst wieder unter die Nase gerieben, dass er sich mit seiner Motivationsarmut beim Abarbeiten der Schulaufgaben ruhig an tüchtigeren Menschen in diesem Haushalt orientieren könnte. Das habe ich nun davon. Die nächsten Verzweiflungstränen sind für mich reserviert.
Die Kurve kratzen: Wenn der Vater die Flucht ergreift
Wie es jetzt weitergeht? Für Betrug bin ich nicht gemacht, meine Sauklaue ist so stenografisch, da wird der „Ali“ zur „Alm“. Die Hausaufgaben einfach für meine Kinder zu machen, wenn die Nerven wieder brach liegen, ist damit keine Option. Wie wäre es, wenn ich behaupten würde, dass die Hefte mit den entsprechenden Aufgaben leider unter dem Tisch in der Klasse vergessen wurden? Oder behaupten würde, der Nachbarshund hätte die Hausaufgaben gefressen? Meine Hausaufgaben in gutem Schwindeln habe ich nie gemacht. Bleibt nur noch, meine Fitnessstudio-Besuche künftig auf den Moment zu schieben, an dem die Kinder ihre Aufgaben beackern. Die drei zu schreibenden Wörter für nächsten Sonntag lauten „die“, „Kurve“, „kratzen“.
Geschichten aus der Familienbande: WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako ist 2014 mit Anfang 20 Vater geworden. Seitdem erzählt der Essener in seiner Kolumne – immer mit einem Augenzwinkern – von dem chaotischen Leben mit seiner Familie.
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